Im Tantra und der Tantramassage benutzen wir den Begriff „Yoni“ aus dem Sanskrit für den weiblichen Genitalbereich. Yoni ist ein Begriff, der frei von westlichen Interpretationen ist. Weder lässt er sich in eine Vulgärsprache, noch in ein medizinisches Vokabular einordnen. „Yoni“ repräsentiert unser weibliches Lustorgan in all seiner Schönheit, Vielfalt und Einzigartigkeit jeder einzelnen Frau. Jede Yoni ist schön, vollkommen unabhängig davon, ob sie jetzt große oder kleine Schamlippen hat, ob die inneren über die äußeren hinausragen, wie groß oder klein die Klitoris ist, ob sie unter dem Hütchen versteckt ist oder sich mehr offen zeigt. Jede Yoni entspricht dem Wesen der ihr zugehörigen Frau. Auch der Geruch der Yonis und die Lustflüssigkeiten sind vielfältig und jeweils unverkennbar.
Was ist die Yoni?
Absichtslose Berührung
Die unteren Chakren
Massagen an den beiden unteren Chakren, am Wurzelchakra und am Sexualchakra haben eine erdende Wirkung. Sind diese Chakren befreit, kann die Energie aufsteigen. Der Beckenbereich ist die Verbindung zwischen der unteren und der oberen Körperhälfte. Durch diese Verbindung kann die Energie durch den ganzen Körper fließen, wobei der Genitalbereich mit dem Herzen in Verbindung tritt. Geerdet zu sein und gut in unserem Becken beheimatet zu sein, stärkt die Standhaftigkeit, die Fähigkeit, gut für uns zu sorgen. Es stärkt den Mut, den eigenen Willen, die Fähigkeit, ein klares Nein sowie ein klares Ja zu sagen. Es macht uns selbstbestimmter. Es lohnt sich also, dafür zu gehen.
Wie entstehen Einschränkungen in der Lust?
Einschränkungen in der Empfindsamkeit bis hin zur Empfindungslosigkeit der Yoni können durch Übergriffe, sexuellen Missbrauch in der frühen oder späteren Kindheit, der Pubertät oder auch im Erwachsenenalter durch Vergewaltigung, Unfälle, oder andere traumatische Erlebnisse entstanden sein. Auch Krankheiten können eine Einschränkung hervorrufen. Nicht selten entsteht beim Gebären auch für die Mutter ein Geburtstrauma, wenn sie dabei unermesslich große Schmerzen erleidet oder gar Verletzungen auftreten. Auch das kann zu einer Entfremdung zum eigenen Körper führen. Ich höre öfter von Frauen, dass sie nach der Geburt eines Kindes keine sexuelle Lust mehr verspüren und die Partnerschaft sehr darunter leidet.
Im Falle von traumatischen Erlebnissen kann es passieren, dass das Lustempfinden abgespalten und in das Unterbewusstsein verdrängt wird. Die Lust wird entweder gar nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt empfunden. Die Verbindung von Lust und Herz ist unterbrochen und beeinträchtigt die körperliche Liebe und die Selbstliebe. Ist sie mit Schuld und Scham besetzt, gilt es hier wieder ein Ja zur eigenen Sexualität zu entwickeln und einen adäquaten Ausdruck dafür zu finden.
Lust kann sich durch solche Traumen auch in einem unnatürlichen Ausdruck ihren Weg bahnen, zum Beispiel wenn dann erst durch Schmerz oder Demütigung Lust hervorgerufen wird. In jedem Fall ist die Selbstbestimmung im sexuellen Ausdruck verloren gegangen, oft gepaart mit Unsicherheit und Sprachlosigkeit. Jede Frau ist mehr oder weniger davon betroffen. Es ist möglich und liegt nahe, Bewusstsein in den Schmerz und die Trauer zu bringen, diese Gefühle ans Licht zu holen und umzuwandeln in Berührbarkeit, Anteilnahme, Wertschätzung, Lebensfreude und Lebendigkeit.
Oversexed
Ein anderer Ausdruck von sexuellen Übergriffen kann die permanente Lust in der Yoni sein. Es fühlt sich so an wie auf einem Vulkan zu sitzen und immerwährend rastlos auf der Suche nach dem nächsten Sexualpartner zu sein. Auch hier ist die Lust abgespalten. Sie mündet nicht ins Herz, erfährt keine Erfüllung, und das Dissoziieren, das Wegdenken aus dem Körper ist hier sehr häufig. Die verletzende Erfahrung, die das Trauma ausgelöst hat, wird so weiterhin genährt. Oftmals wird das als normal angesehen, und es wird erst dann möglicherweise in Frage gestellt, wenn der Sex immer schaler wird.
Missbrauch?
Wenn du überlegst, ob eine Yonimassage für dich das Richtige ist, stelle dir bitte vorher einige Fragen. Wenn du entdeckst – es ist vielleicht nur eine Ahnung -, dass deine Yoni psychisch oder physisch verletzt ist, nimm diese Verletzung seelisch an und leugne sie nicht mehr. Auch wenn du die Ursache dieser Verletzung nicht weißt, aber immerhin die Verletzung spürst, nimm das an. Von Frauen, die nichts in ihrer Yoni empfinden, bekomme ich manchmal zu hören: “ Ein Missbrauch hat bei mir nicht stattgefunden.“ Je früher ein Missbrauch stattgefunden hat, umso nachhaltiger wirkt er, weil er so sehr ins Unterbewusstsein verdrängt wurde, dass das ganze Sexual- und Liebesverhalten davon geprägt ist. Erst der Wille, die bewusste Entscheidung, sich vom Opfer zur Selbstbestimmung zu entwickeln, löst eine verändernde Wirkung aus. Das ist meine Erfahrung mit mir selber und mit vielen Frauen, die ich in den vergangenen zwanzig Jahren massiert habe. Wenn diese Entscheidung getroffen ist, wird es richtig spannend.
Irgendetwas hat die Empfindungslosigkeit hervorgerufen. Das gilt es anzunehmen, sonst wird sich das Trauma nicht auflösen. Es ist dabei nicht so wichtig. die Verletzung bis ins Detail aufzudecken. Das geht meistens auch gar nicht, weil die Ereignisse nicht präzise im Gedächtnis sind und sich Suggestion und Realität nicht hundertprozentig trennen lassen. Es geht darum, die abgespaltene Energie zurückzugewinnen und Gefühle zuzulassen.
Frage dich selbst
Hier einige Vorschläge für Fragen. Bitte stelle dir auch deine eigenen Fragen. Es geht nicht darum, die Antworten mitzuteilen, sondern darum, dir selbst darüber klar zu werden, wo du stehst.
- Warst oder bist du in Therapie?
- Bist du dir darüber bewusst, was passiert ist?
- Bist du sexuell erregbar, evtl. sogar permanent erregt und dissoziierst du in sexuellen Kontakten, wenn Ekel oder unangenehme Gefühle auftauchen?
(Dissoziieren heißt mit der Wahrnehmung aus dem Moment, aus dem Körper und den Gefühlen rauszugehen. Die Situation über sich ergehen lassen, ohne dabei etwas zu empfinden. Mit dem Bewußtsein währenddessen abwesend zu sein.) - Fühlst du wenig bis gar nichts in der Yoni?
- Hast du Schwierigkeiten, dich selbst zu berühren?
- Kannst du Orgasmen empfinden?
- Weißt du, was du im sexuellen Kontakt willst und kannst du das mitteilen?
- Gibst du Töne von dir, wenn die Lust da ist?
- Hast du ein ambivalentes Verhältnis zu deiner Lust? Das heißt, fühlst du dich schuldig oder schamhaft, wenn du Lust empfindest?
- Unterdrückst du durch solche Gefühle deine Lust?
- Bist du bereit deinen Körper und deine Lust wieder ganz in deinen Besitz zu nehmen?
- Bist du bereit auch unangenehme Gefühle zuzulassen, damit sie sich wandeln können?
Behutsame Annäherung
In der Yoni-Erweckung ist das Vorgespräch wichtig. Es ist die Voraussetzung dafür, in aller Behutsamkeit die eigenen Grenzen auszuloten. Dann folgt die achtsame Berührung. Dabei wird immer wieder innegehalten, um hinzuspüren, was gerade passiert. Es geht zuerst einmal darum, in die Wahrnehmung für den Körper zu kommen und dabei die Gefühle zu beobachten. In einem geschützten Rahmen gehalten und gesehen zu sein, ist die Voraussetzung sich allen Körperregionen, der Yoni und der eigenen Lust anzunähern. Es können dabei allerlei Empfindungen und Bilder auftauchen. Es ist eine Reise in die Tiefe der Weiblichkeit.
Wie weit die Yonimassage geht, bleibt offen. Der Beginn kann erstmal darin bestehen, die „Nachbarschaft“ wie den Bauch, die Brüste, die Innenschenkel zu erwecken, behutsam den Außenbereich spürbar zu machen, und wenn es stimmig ist, auch den Innenbereich. Jede Frau bestimmt selbst, wie weit es gehen soll. Die Verbindung zum Herzen wird durch Ausstreichungen und das tiefe Atmen unterstützt.
Jede Frau bestimmt selbst, wie weit es bei einer solchen Massage gehen soll. Viel wichtiger als das Ziel ist die Reise.
—————–
Bettina Dornics gründete 2002 das Tantramassageinstitut Yonitalk in Berlin. Sie massiert auch Menschen, die in ihrem therapeutischen Prozess Traumata im Genitalbereich lösen möchten. Seit 2004 ist sie Mitglied im Tantramassage-Verband e.V., dessen Vorsitz sie von 2008 bis 2012 innehatte. www.yonitalk.de