Was zeichnet Erwachsenensein aus?
Heute habe ich im aktuellen Juli Sein-Heft einen Artikel von David Rotter gelesen, der mich sehr angesprochen hat. Hier ein Auszug daraus:
„Von Männern, die niemals erwachsen werden wollen“
“Für mich waren es vor allem Beziehungen und das Berufsleben, die mir auf unheilvolle Weise gespiegelt haben, dass da ein Entwicklungsschritt aussteht. Dass ich mich weigerte erwachsen zu werden: Aber was heißt das überhaupt? Eine kurze Definition könnte sein: Erwachsen ist eine Person, die materiell, emotional und mental ganz und gar auf eigenen Beinen steht. Das bedeutet, diese Person hat Stabilität in sich selbst gefunden, ihren Platz in der Welt, kann für sich selbst sorgen, hat emotionale Abhängigkeitsmuster abgelegt, zu einem gesunden Selbstwert gefunden, kann Grenzen setzen und akzeptieren, ist in ihrer Kraft, kann entscheiden und mit den Konsequenzen umgehen, kann Kompromisse schließen, sich tief ausdrücken, nahe und intime Beziehungen führen.“
Schöner kann man es kaum beschreiben. Das Erwachsenenalter ist dann authentisch wenn die geistige Reife und Reflexion der eigenen Gedanken und Gefühle stattfinden. Verantwortung für die eigenen Kreationen zu übernehmen, ein Bewusstsein darüber entwickelt zu haben, was die eigenen Handlungen bei anderen auslösen, empathisch
Die persönliche Geschichte auflösen!
Authentisch zu sein heißt auch die persönliche Geschichte bearbeitet zu haben und aus der Opferrolle ausgetreten zu sein. Findet dieser Prozess nicht statt, werden die Opfer oft gleichfalls zu Tätern und ein Wiederholungszwang findet unter Umständen statt. z.B. Opfer von Missbrauch werden selbst zu Missbrauchstätern oder sind in ihrer Angst erstarrt.
Authentische Menschen sind schön und anziehend, zeigen sich in ihrer Verletzlichkeit, ihren Stärken (wobei Verletzlichkeit zu zeigen auch eine Stärke ist), in ihrem sexuellen Ausdruck, ihrer Lebenskraft. Sie sind aber auch unbequem, da sie sagen was sie denken. Nicht selten erzeugt das Angst im Gegenüber, da sie weder manipulierbar sind, noch besonders großen Wert darauf legen, was andere von ihnen denken. Schuld und Scham, schlechtes Gewissen sind abgebaut und dadurch ist es möglich ein klares Ja und ein klares Nein zu sagen. Das ist die Voraussetzung den eigenen Raum zu halten und Nähe und Intimität zuzulassen.
Kenntnis über sich selbst!
Authentizität setzt eine Kenntnis, ein Bewusstsein über sich selbst voraus.
Wer hat den Mut den aufsteigenden Gefühlen, möglicherweise der inneren Leere, Aggression oder Sehnsucht zu begegnen? Wir kommen nicht umhin zu fühlen, unsere Gefühle wieder zu aktivieren, mit ihnen in der Gegenwart zu landen, wenn wir ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben führen wollen. Manchmal zwingen Krankheiten zum Innehalten.
Den Gefühlen und Gedanken zu begegnen verliert den Schrecken, je mehr wir uns darin üben und den Prozess beschleunigen. So ziehen unangenehme Gefühle mit der Zeit schneller vorüber, wenn wir sie einfach als gegeben annehmen ohne uns darin zu vergraben.
Entscheidungswillig und -fähig zu sein heißt die eigenen Gedanken und Gefühle rechtzeitig zu erkennen und dann eine Entscheidung zu treffen in welche Richtung ich damit gehen möchte. Unkontrollierte Gefühlswallungen, wie Wut, die sich gegen andere richtet und in Hass ausartet, kommen aus einem inneren Stau. Der Staudamm bricht und entlädt sich in unheilvollen Überreaktionen, die mit der gegenwärtigen Situation nicht unbedingt etwas zu tun haben. Da reicht ein Trigger und die Lawine kommt ins Rollen.
Im nächsten Kapitel geht es dann um die Integration unserer Schatten!
Herzlichst